Die neue Häschenschule

Es konnte wohl nicht ausbleiben – der Thienemann-Esslinger Verlag hat sich das 1924 erschienene Werk Die Häschenschule von Albert Sixtus und Fritz Koch-Gotha vorgenommen, ein Klassiker mit dem der Verlag gutes Geld verdient hat. Generationen sind mit ihm aufgewachsen, 100 Jahre hat die Häschenschule überstanden, nun ist ihr aus Anlaß des Jubiläums eine neue Häschenschule zur Seite gestellt.

Anke Engelke fühlte sich berufen, eine Fassung abzuliefern, die – so der Verlag – die Häschenschule mit viel Charme und Witz ins 21. Jahrhundert holt. Der Titel lautet nun Die neue Häschenschule – Wie Fuchs und Hase Freunde wurden, illustriert von Mareike Ammerske. Man ahnt hier schon, der Titel ist Programm und so heißt es in der Verlagsankündigung:
In der neuen Häschenschule trifft Nostalgie auf Moderne: in mal lustigen, mal ernsten Versen bringt die Geschichte nicht nur alte Rollenbilder ins Wanken, sondern beendet auch die Feindschaft zwischen Hase und Fuchs. Denn, wie sich herausstellt, ist der Fuchs „ganz lieb, kein Hühner- oder Hasendieb. Im Gegenteil: Er lebt vegan und Möhren haben’s ihm angetan!“ Eine viel größere Gefahr geht von den Menschen und ihren Maschinen aus – und Fuchs und Häschen können nur gemeinsam dagegen bestehen. 

Was nicht passt wird passend gemacht. Und so fabuliert Anke Engelke in brutal holprigen Reimen von Brehm, einem Fuchs, der den Gewohnheiten seiner Spezies abschwört und sich dem Zeitgeist folgend sozial neu aufstellt. Der moderne Fuchs ist vegan (vegetarisch reicht hier nicht) und so können Fuchs und Häschen sich im Kampf gegen das wirklich Böse vereinen. Gegen Menschen (aka Bauern) und ihre Maschinen und vermutlich sind sie auch Genossen im Kampf gegen Klimawandel und rechte Umtriebe.

Anke Engelke hofft nach eigenen Worten, dass ihre Häschenschule auf neue Weise Humor, Respekt und Offenheit vermitteln kann. Wenn der geneigte Leser also bei seinem nächsten Landausflug Häschen und Fuchs traulich auf dem Felde beieinander sitzen sieht, nun, dann evaluieren beide gerade ihre neue Sozialisation. Wenn der böse Bauer sie dabei nicht gerade stört. Oder die nächste Jagdgesellschaft, die von der neuen Häschenschule noch nichts gehört hat überkommenen Rollenbildern folgend Fuchs und Hase gemeinsam über den Haufen ballert. Das war es dann mit Humor, Respekt und Offenheit! Dann muss Anke noch mal ran!

Und hier noch der Trailer von Anke Engelke, in dem sie überschwenglich von ihrer Freude berichtet, das Buch nach eigenem Gustus ‘pimpen’ (so ihre Wortwahl) zu dürfen. Das war ihr wenig später aber wohl nicht mehr so angenehm, es war der Verlag, der dies so gewollt habe. Nun ja, wenn die Kasse stimmt.