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Propaganda (neudeutsch Desinformation) und Herabsetzung des Gegners sind seit Menschengedenken probate Mittel der Kriegsführung. Während des 1. Weltkrieges erschienen etwa in den kriegführenden Ländern England, Frankreich, Deutschland und den USA Publikationen und Spiele für die Jugend, die den Feind diffamieren und den Patriosmus für das Vaterland stärken sollten. Einen sehr illustrativen Einblick gibt hier der von Richard Cheek herausgegebene, hierzulande leider kaum beachtete Katalog Playing soldier. The books and toys that prepared children for war. 1871 – 1918. Begleitpublikation zur Ausstellung The Grolier Club 22.09.2018 – 27.10.2018, New York, der anhand umfänglichen Bildmaterials belegt, daß sich alle Kriegsparteien der gleichen Mittel bedienten, um die Jugend auf ihre Rolle im großen Völkerringen einzustimmen.
Auch der Verlag J. F. Schreiber in Esslingen brachte schon kurz nach Kriegsbeginn patriotische Bücher, Spiele, Modellierbogen (U-Boot und Kreuzer) und Bastelbogen für die Jugend heraus. Ein Buch und ein Spiel mit Illustrationen von Leo Kainradl mit dem Titel Unsere Feinde zeigen die Soldaten des Gegners in entstellenden Aufmachungen, einen Italiener etwa mit einer Laus auf dem Kopf und einen Japaner mit Affenfüßen. Die Illustrationen sind dreifach quergeteilt (Kopf, Rumpf, Beine). Der Verlagskatalog 1915/16 des Schreiber Verlags führt dazu aus: Auf einfachste Weise können mit diesen 10 Bildern viele hunderte spaßhafter Verwandlungen vorgenommen werden, von welchen jede einzelne eine urdrollige Karikatur ergibt.
Allerdings ging es nicht um einen Spaß, daran läßt das Vorwort keinen Zweifel:
Ihr seht in diesem Bilderbuch
der bösen Feinde wohl genug.
Sie sind zerschnitten in drei Teile;
und wenn ihr blättert ohne Eile,
so ändern diese argen Tröpfe
sowohl die Beine wie die Köpfe.
Doch trotz des Wechsels im Gewande
Bleibt’s immer eine rechte Bande,
und alle wünschen wir zerschnitten
von unserem Schwerte durch die Mitten.
Ein Digitalisat der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart zeigt das Werk, leider sind keine Beispiele der gewandelten Illustrationen enthalten.
© Einbandabbildung 2022 by sammlung paperboxx
© Auszug Verlagsverzeichnis des J. F. Schreiber Verlags 1915/16 by sammlung paperboxx
english version
The publishing house J. F. Schreiber in Esslingen also brought out patriotic books, games, modeling sheets (submarine and cruiser) and handicraft sheets for young people shortly after the war began. A book and game with illustrations by Leo Kainradl entitled Unsere Feinde (Our Enemies) show the enemy’s soldiers in disfiguring getups, an Italian with a louse on his head, for example, and a Japanese with monkey feet. The illustrations are divided three ways across (head, torso, legs). The 1915/16 Schreiber Verlag catalog states: In the simplest way, with these 10 pictures, many hundreds of amusing transformations can be made, each of which produces a quaint caricature. The success of the work soon led to a second edition.
However, it was not about a joke, the preface leaves no doubt about that:
You see in this picture book
of the evil enemies well enough.
They are cut into three parts;
and if you turn the pages without haste,
these evil creatures will change
both the legs and the heads.
But despite the change in garb
It always remains a right gang,
And all we wish cut
By our sword through the middles.
A digital copy of the Württembergische Landesbibliothek Stuttgart gives the viewer an informative insight, unfortunately no examples of the transformed illustrations are included.